Das Pflegestärkungsgesetz ist nunmehr in Kraft getreten.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass 500.000 Menschen, die bisher noch nicht als
pflegebedürftig eingestuft wurden, könnten jetzt Leistungen der Pflegekasse enthalten.
Diejenigen, die schon eine Pflegestufe haben, sollen mindestens gleichgestellt werden.
Weiterhin sollen Angehörige mehr Unterstützung erhalten.
Was sich konkret ändert?
1. Der Neue Pflegebedürftigkeitsbegriff
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff soll allen Pflegebedürftigen einen
gleichberechtigten Zugang zu Pflegeleistungen ermöglichen. Dabei ist es unerheblich,
ob sie körperliche oder geistige Beeinträchtigungen haben. Bisher war es leider so,
dass Menschen mit geistigen Behinderungen, z.B. Demenz, zu wenig berücksichtigt
wurden.
Nunmehr sind die Personen pflegebedürftig, welche Beeinträchtigungen der
Selbständigkeit oder Fähigkeitsstörungen aufweisen und deshalb der Hilfe durch
andere bedürfen.
Folgende Aktivitätsbereiche sind vorhanden:
Modul 1: Mobilität (z.B. Fortbewegung innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen
ect.)
Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (z.B. örtliche und zeitliche
Orientierung ect.)
Modul 3: Selbststeuerungskompetenz/Verhalten und psychische Probleme (z.B.
nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten)
Modul 4: Fähigkeit zur Selbstversorgung (z.B. Körperpflege, Ernährung, u.s.w.)
Modul 5: Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten
Anforderungen/Belastungen (z.B. Medikation, Wundversorgung, Arztbesuche,
Therapieeinhaltung)
Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte (z.B. Gestaltung des
Tagesablaufs)
Modul 7: Außerhäusliche Aktivitäten (z.B. Teilnahme an Veranstaltungen und Nutzung
von öffentlichen Transportmitteln)
Modul 8: Haushaltsführung (z.B. Einkaufen, Waschen, Putzen, u.s.w.)
2. Die Umstellung der 3 Pflegestufen auf 5 Pflegegrade
Zum 01.01.2017 werden alle Pflegebedürftigen, für welche eine Pflegestufe festgestellt
wurde, in den jeweils höheren Pflegegrad eingestuft. Sofern eine eingeschränkte
Alltagskompetenz festgestellt wurde, wird der Pflegegrad um 2 erhöht.
Es ist keine erneute Antragstellung und auch keine erneute Begutachtung notwendig.
Wenn bei Ihnen bisher (nach dem alten Recht) die Pflegestufe 1 abgelehnt wurde, ist
es eventuell ratsam, einen neuen Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit zu
stellen. Denn in den neuen Pflegegrad 1 wird eine völlig neue Personengruppe
eingestuft, welche bisher noch keine Leistungen erhalten hat. Nach dem alten
Pflegebegriff galten viele Menschen nicht als pflegebedürftig, welche nunmehr
eventuell einen Anspruch auf den Pflegegrad 1 haben.
3. Pflegende Angehörige
Die Rentenbeiträge für alle Pflegepersonen, die einen Pflegebedürftigen im Pflegegrad
2 bis 5 mindestens 10 Stunden wöchentlich pflegen, werden von der
Rentenversicherung bezahlt. Die 10 Stunden müssen sich auf mindestens 2 Tage in
der Woche verteilen.
Wenn Sie einen Angehörigen mit Pflegegrad 5 pflegen, erhalten Sie 25 % höhere
Rentenbeiträge als bisher.
Wenn Sie aus dem Beruf ausgestiegen sind, um einen Angehörigen zu pflegen, dann
bezahlt die Pflegeversicherung künftig auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.
Wenn Sie nach dem Ende der Pflegetätigkeit nicht wieder in Ihren Beruf zurückkehren
können, dann haben Sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld und Leistungen der
aktiven Arbeitsförderung.
4. Wie bekomme ich einen Pflegegrad
Wenn Sie oder Ihr Angehöriger bereits eine Pflegestufe haben, brauchen Sie nichts zu
tun. Sie werden automatisch einen neuen Bescheid über den Pflegegrad erhalten.
Haben Sie noch keine Pflegestufe/Pflegegrad, dann beantragen Sie bei Ihrer
Pflegekasse einen Pflegegrad. Hierfür können Sie sich im Internet die Antragsformulare
herunterladen. Oder Sie rufen bei Ihrer Pflegekasse an und bitten um Übersendung der
Antragsformulare. Diese füllen Sie aus und schicken Sie zurück.
Wenn der Pflegegrad durch einen Bescheid abgelehnt wird, dann können Sie
Widerspruch erheben.
Hierfür haben Sie nur 1 Monat Zeit.
Danach erhalten Sie einen Widerspruchsbescheid von der Pflegekasse. Entweder Sie
erhalten dann den Pflegegrad oder er wurde wieder abgelehnt. Dann können Sie Klage
zum Sozialgericht erheben.
Auch hierfür haben Sie nur einen Monat Zeit.
Fachanwältin für Sozialrecht