Wer zahlt für Hörgeräte? Wo muss ich die Übernahme der
Kosten für ein Hörgerät beantragen?
Die Übernahme der Kosten für ein Hörgerät muss bei der Krankenkasse beantragt
werden, wenn die Hörhilfe dem unmittelbarem Behinderungsausgleich dient. Wenn die
Hörhilfe ausschließlich berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile bietet,
dann muss ein Antrag bei der Rentenversicherung gestellt werden.
Was passiert, wenn die Behörde mitteilt, dass sie nicht
zuständig ist.
Angenommen, Sie haben den Antrag bei der Krankenkasse gestellt und diese erklärt
sich für nicht zuständig. In diesem Fall muss die Krankenkasse den Antrag an die
Rentenversicherung weiterleiten. Tut sie das nicht innerhalb der Frist, dann bleibt die
Behörde für den Antrag zuständig. Sie müssen sich also nicht von den Behörden hin
und her verweisen lassen.
Wann werden die Kosten für ein Hörgerät von der
Krankenkasse oder der Rentenversicherung übernommen?
Wichtig ist, dass die Übernahme der Kosten vor dem Kauf beantragt wird. Anderenfalls
scheidet die Kostenübernahme grundsätzlich aus.
Wann werden Kosten für ein selbstbeschafftes Hörgerät
übernommen?
Sofern Hörgeräte selbst beschafft worden sind, könnte sich ein Anspruch auf Zahlung
der Kosten für die Hörgeräte aus § 51 Abs. 1 SGB IX ergeben.
Zunächst muss die Zuständigkeit der Krankenkasse bzw. des
Rentenversicherungsträgers festgestellt werden. Ist dies geschehen, so hat das
zwingend zu Folge, dass im Verhältnis zwischen diesen und dem Leistungsberechtigten
der Anspruch anhand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen ist, die überhaupt in der
konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind.
Es muss der Nachweis erbracht werden, dass eine höherwertige Hörgeräteversorgung,
das heißt insbesondere eine Versorgung mit mindestens 6-kanaligen Geräten mit
adaptivem Richtmikrofon, zu Erreichung wesentlicher Gebrauchsvorteile im Alltagsleben
führt. Vor allem auch zur einer erheblich besseren Verständigung in schwierigen
Hörsituationen.
Hier muss das Gericht davon überzeugt werden, dass die höherwertigen Hörgeräte zum
einen z.B. den Tinitus wesentlich besser als Festbetragsgeräte unterdrücken und zum
anderen aufgrund der 6-kanaligen Signalverbreitung und Störgeräuscheunterdrückung
sowie des adaptiven Richtmikrofons die Kommunikation in Gruppengesprächen
wesentlich erleichtern. Auch in halligen Umgebungen und in sonstigen akustisch
ungünstigen Verhältnissen erleichtert eine höherwertige Hörgeräteversorgung im
Vergleich zu Festbetragsgeräten die Kommunikation wesentlich.
Erfahrungsgemäß ist es so, dass die hierzu abgegebenen Stellungnahmen des
medizinischen Dienstes eine Klage nicht erfolgreich erscheinen lassen.
In einem uns vorliegenden Urteil gibt es eine Stellungnahme einer Hörgeräte-
Akustikmeisterin. Diese hatte in ihre Anpassungsberichten und im Klageverfahren
eingereichten Übersichten über die getesteten Hörsysteme innerhalb einer
Anpassungsphase ausgeführt, dass die gesamten zwei Feldmessungen beim
Störgeräusch erfolgten und ohne Hörsysteme das Sprachverständnis bei 75 % gelegen
hat. Mit den getesteten Hörgeräten zu Vertragsarztpreisen hat das Sprachverständnis
bei 75 bzw. 80 % gelegen, wobei die digitalen Basisgeräte unruhig und hallig im Klang
und ohne ein verbessertes Sprachverstehen waren. Während dessen erreichte z. B. das
Gerät „Phonak Micro extra 100 dAZ“ ein 95-prozentiges Sprachverstehen im Störschall.
Auch hatte dieses Gerät ein gutes Tragegefühl und ein sehr gutes Sprachverständnis in
allen Situationen, insbesondere bei Hintergrundgeräuschen. Dieses Gerät wirkte sich
auch günstig auf den Tinnitus, in dem dieser weniger bzw. kaum noch wahrgenommen
wurde und schließlich im Hinblick auf mehrere getestete Geräte zu nicht
Vertragsarztpreisen das beste Preis - Leistungsverhältnis hatte.
Eine volle Kostenerstattung der digitalen Hörgeräte wird allerdings davon abhängig
gemacht, ob der Versicherte das ihm zumutbare getan hat, um die notwendige Leistung
zu Vermeidung unnötiger Kosten zu ermitteln. Die Leistungen müssen danach
„ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ sein und dürfen das Maß des
Notwendigen nicht überschreiten. Danach sind Ansprüche auf teure Hilfsmittel
ausgeschlossen, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten
Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist. Eingeschlossen in den
Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwendige
Versorgung dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen
Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei
Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere auf durch
Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die den Versicherten nach ärztlicher
Einschätzung in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet.
Keine Leistungspflicht der Krankenkassen besteht nur dann, wenn nicht die
Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei
der Nutzung des Hilfsmittels getroffen wird. Dies gilt auch für lediglich ästhetische
Vorteile. So hatte das Bundessozialgericht bereits geurteilt, dass ein unmittelbare
Behinderungsausgleich mit den Festbetragsgeräten nicht zu erreichen ist.
Hörbehinderten Menschen ist im Rahmen des möglichen auf das Hören und Verstehen
in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen
sind dazu die nach dem Stand der Hörgerätetechnik jeweils erforderlichen Geräte zu
Verfügung zu stellen.
Was heißt, alles „Zumutbare“ getan? Wieviel Hörgeräte muss
ich testen?
Das Sächsische Landessozialgerichts, 5. Senat, führt hierzu aus:
„Testet der Versicherte bei einem von der Krankenkasse zugelassenen
Hörgeräteakustiker mehrere Hörgeräte, darunter auch solche zu Vertragsarztpreisen
oder Festbeträgen, und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor dass die Testung und
Anpassung unsachgemäß erfolgte oder überteuerte bzw. luxuriöse Geräte angepasst
worden sind, dann erfüllt der Versicherte regelmäßig diese Obliegenheit, soweit die
Leistungsträger nicht im Einzelfall Vorschläge unterbreiten, denen der Versicherte
konkret nachgehen kann, um eine preiswertere Hörgeräteversorgung mit
gleichadäquaten Ergebnissen zu erreichen.“
Reicht es, wenn ich meinem Hörgeräteakustiker die
ohrenärztliche Verordnung übergebe?
Nein! Der Antrag muss bei der Behörde gestellt werden. Der Hörgeräteakustiker ist
nicht zur Entgegennahme von Sozialleistungsanträgen befugt.